Ideen für den Ausnahmezustand - Teil 9

Ideen für den Ausnahmezustand - Teil 9

Achtsamkeit ist in Mode - doch was ist das eigentlich und warum ist es gerade jetzt eine gute Praxis um gesund und gelassen durch diese herausfordernde Zeit zu kommen? 

s (c) canva.com

Sich ganz bewusst in einen Moment hinein fühlen und wahrnehmen wie es uns geht ohne zu bewerten, das ist die Basis der Achtsamkeit. „Im Hier und Jetzt sein" ist ein viel genutzter und doch für Einige abstrakter Ausdruck. Da sich Viele damit schwer tun und sich gar nicht so gut selbst spüren können oder auch wollen, haben nicht nur bei uns Workshops, Seminare und Kurse zu diesem Thema Hochkonjunktur.

Im Alltag gelassener agieren zu können, sich selbst zu regulieren und damit den gefühlten Stress zu reduzieren, all das lernt man durch Atemübungen, Körperwahrnehmungsübungen, Achtsamkeits-Tagebücher etc. Körperliche Bewegung wie Yoga, Qi-Gong und ähnliches spielen dabei genauso eine große Rolle wie Meditationen. Jeder findet seine individuelle Methode.  Es geht darum ehrlich mit sich zu sein und zu ergründen: was geschieht gerade in mir ("bin ich nervös, aufgeregt, ruhig, aufgedreht oder motiviert?"). Diese Wahrnehmung anzunehmen ohne Bewertung ("es ist ok, dass sich in mir gerade etwas gegen diese Situation sträubt") und dann auch noch zu erforschen warum das so ist ("gab es ähnliche Situation, oft in der Kindheit, in denen ich mich genauso gefühlt habe") und schlussendlich die Erkenntnis das dieses Gefühl kommt und geht und nicht alles bestimmend ist ("ich bin nicht dieses blöde Gefühl, es geht vorbei, wenn ich es einfach aushalte und annehme"). 
Wir alle müssen das wieder lernen, dann haben wir in Krisenzeiten die Möglichkeit uns nicht von Panik oder Ohnmacht übermannen zu lassen. 

Wir erleben derzeit eine Art Kontrollverlust und diesen kann eigentlich niemand so richtig gut ertragen. Nichts löst mehr Panik aus, als die Aussage "keine Panik" - unser Gehirn hört "Panik" aber die Verneinung dringt nicht durch. Sich dessen bewusst zu sein, auch das ist schon Achtsamkeit. Das ungute Gefühl auszuhalten, vielleicht im Körper zu lokalisieren und einfach anzunehmen ("ah, ich fühle mich panisch und werde plötzlich unwirsch und unruhig") - ist Achtsamkeit. 
Unser Leben wie wir es kennen ist durcheinander: Schulen und Kitas sind geschlossen, wenn möglich sitzen alle im heimischen Büro, Reisen sind untersagt, Treffen mit Freunden ebenfalls, erhöhte Hygienemaßnahmen sind angeordnet und auch noch viele Regale leer gekauft. Social Distancing, also das Abstandhalten zu anderen wenn man doch mal raus geht, kommt uns fremd vor und fühlt sich irgendwie falsch an. Für manche ist das Alleinsein ein Problem und wieder anderen fehlt genau dieses Mit-sich-Alleinsein wenn sie nun 24/7 mit ihrer Familie zusammen sind. 
Und manch einer verspürt eine Art Aufbruchsstimmung aufgrund der Krise  - Hoffnung und Tatendrang, das zeigen all die Nachbarschaftsinitiativen, Hilfsangebote, Online-Kurse und ja, auch unsere Reihe hier. 

Ruhig zu sein und bei sich selbst feststellen: ah, diese Situation macht mich nervös oder gibt mir ein mulmiges Gefühl oder wenn ich dieses/ jenes höre dann fühle ich mich gestärkt: das ist Achtsamkeit! Jeder darf das für sich spüren, annehmen und dann auch entsprechend handeln. 
*In dem man zum Beispiel weniger und nur ausgewählte Nachrichten konsumiert: man kann sich ein-zwei Mal am Tag bei verlässlichen Quellen (RKI, WHO oder Behörden) auf den neuesten Stand bringen. Sich zu vielen teils reißerischen Nachrichten auszusetzen verunsichert noch mehr. 
*Außerdem müssen wir alle gerade einen neuen Alltag finden, dabei hilft Struktur - nicht nur Familien die jetzt HomeSchooling, HomeOffice und HomeEntertainment unter einen Hut bringen müssen, sondern auch diejenigen die ganz allein zu Hause sitzen, können sich einen strukturierten Tagesplan machen. Mit Bewegung, Hobbys, festen Zeiten und Rituale für die Arbeit und auch den Austausch mit Freunden über die sozialen Medien. Das gibt ein Gefühl von Halt und Sicherheit - eine Selbstbestimmtheit derer wir uns im Moment beraubt fühlen. 
*Und wie immer hilft: positiv Denken! Die Zeit nutzen, auch mal Dinge zu tun die man aus Zeitgründen immer "auf später mal" verschiebt. Es angehen. "Irgendwann" ist jetzt: die eine Sprache gelernt zu haben, den Zaun repariert, das Kleid genäht oder Bild gemalt zu haben - lässt uns aufblühen.  

Das Gefühlt der Situation ausgeliefert zu sein lässt nach und man ist Herr seiner Handlungen. Wir können dadurch verständnisvoller mit uns selbst umgehen und durch diese Haltung auch anderen emphatischer begegnen. Und das ist es auch was diese Krise braucht: besonnener Umgang, einfühlsames und aufmerksames Verhalten Anderen gegenüber. 
Und dann ist die Krise nämlich auch eine Chance! 

Seid achtsam miteinander! 

Die Achtsamkeitsübung zum Hören von Gabriele Tillmanns ist hier verfügbar: